An Bord der IRW Nachtfalke. Deltaquadrant, 5/3/2417

  • Die Brücke des Romulanischen Schiffes war nur spärlich beleuchtet. Es war eigentlich kaum notwendig das Licht zu dimmen, wenn das Schiff getarnt war und war mehr mehr der Tradition geschuldet als einem echten taktischen Vorteil. Die Mannschaft verhielt sich ruhig, wirkte konzentriert.


    "Position des Föderationsschiffes?", fragte der Mann auf dem mittleren Stuhl, offensichtlich der Kommandant des Warbirds.
    "2 Lichtstunden voraus, sein Warpfeld ist soeben kollabiert", kam prompt die Antwort eines Offiziers.
    "Sehr gut, ihr Virus scheint zu funktionieren, Subcommander Gira. Sublieutenant Serah, Abfangkurs. Tarnung beibehalten."


    Eine ältere Romulanerin, die ihren Platz neben dem Kommandanten hatte, offensichtlich der erste Offizier des Schiffes, sprach ihn etwas zögerlich, leiser an.
    "Ni've. Haben Sie sich das gut überlegt? Wenn sie noch Energie haben, haben sie genug Kraft uns alleine mit ihrem Traktorstrahl in zwei Hälften zu schneiden. Wir können sie auch nicht entern, das Föderationsschiff ist zu groß. Und selbst wenn es funktioniert, wir riskieren einen diplomatischen Zwischenfall, wenn wir auffliegen."
    "Zweifeln Sie nie wieder meine Befehle an. Haben wir uns verstanden? Dieses Schiff wird uns gehören. Schon bald. Wir sind Romulaner, denken Sie gefälligst wie eine!", herrschte der Kommandant zurück.


    Auf dem Schirm glitt die Garrett mit leichter Schräglage ins Bild. Die Außenbeleuchtung des Namensschriftzuges und der Registrierung flackerte und die meisten Fenster waren erloschen.
    "Tarnung ausschalten, Schilde hoch. Rufen Sie sie", befahl Ni've seiner Brückencrew.
    "Keine Antwort, keine Trägerwelle. Offenbar sind sie blind und taub. Wenn ich einen Vorschlag äußern dürfte?", fragte der Kommunikationsoffizier.
    "Ich höre."
    "Wir können einen funktionierenden Kommunikator rüberbeamen."
    "Tun sie es, wir sind doch schließlich gute Freunde." Ni've lachte.


    Nach wenigen Augenblicken ertönte Captain Cabiness' Stimme auf der Brücke des Warbirds.
    "Hallo?"
    Commander Ni've räusperte sich und setzte zur Antwort an:
    "Ah, ich sehe Sie haben unsere Brieftaube erhalten. Ich denke sonst, durch des Vakuum des Weltraums zu brüllen... wäre nicht wirklich hilfreich."
    "Was wollen Sie von uns,wir haben im Moment viel zutun hier", antwortete Captain Cabiness.
    "Ach wirklich?", kommentierte jemand spöttisch aus dem hinteren Brückenbereich und wurde prompt mit einer Handgeste des Commanders zum Schweigen gebracht.
    "Aber wo sind denn meine Manieren. Mein Name ist Commander Ni've vom Romulanischen Schiff Nachtfalke. Ich sah Sie hier im Weltraum treiben. Genauso weit weg von Zuhause wie wir."
    "Wir lassen uns gern mal etwas treiben, geniessen den Deltaquadranten. Was machen Sie denn hier Nachtfalke, wir hatten nicht mit Ihnen gerechnet."
    "Oh, was für ein Zufall. Wir sind auch hier um zu forschen, Beziehungen zu knüpfen. Und Ihre Garrett scheint in einer Notlage zu sein. Und so weit weg von zuhause, da hilft man sich doch, oder?", Ni've versuchte eine Spur Mitleid in seine Stimme mit einzumischen.
    "Wie kommen Sie den darauf das wir hier Not leiden, wir erforschen gerade diesen Sektor."
    "Ihr Schiff treibt 15 Grad nach Steuerbord in Schräglage, Sie emittieren kaum Strahlung und ihr Warpkern ist runtergefahren. Wir haben versucht Sie anzufunken, aber Sie senden nicht zurück. Das klingt nach einer problematischen Lage."
    "In der Tat haben wir einige technische Probleme, ich hoffe das bekommen wir geregelt, aber ich danke Ihnen sehr für Ihre Hilfsbereitschaft Nachtfalke."
    Ni've überlegte kurz, Improvisation war gefragt, aber wenn die Romulaner etwas gut konnten, dann war es zuallererst ihre List auszuspielen.
    "Waren Sie zufällig in Sektor 32 Beta unterwegs und haben eine Notbake gescannt? Diese Bake haben wohl Piraten als Falle hinterlassen, und es hat uns fast eine Woche gekostet, das Schiffssystem von einem sehr hartnäckigem Virus zu befreien."
    "Piraten? Nun wir werden hoffentlich keine Woche benötigen den Virus zu entfernen."
    "Wir haben das Programm noch, und könnten es auf Ihr System adaptieren, damit wären Sie in Minuten fertig. Aber ich möchte mich ja keinesfalls aufdrängen."
    Ni've spielte sein Spiel weiterhin, auch wenn es auf seinem Gesicht deutlich lesbar wurde, dass ihn allmählich die Ungeduld plagte. Er schaltete die Verbindung mit einem Tastendruck stumm.
    "Das dauert zu lange", entgegnete die Romulanerin neben dem Commander.
    "Mhmm. Ich muss mir was einfallen lassen und zwar schnell... Ich denke sie sind immer noch blind wie ein Tahit", sagte er und aktivierte die Verbindung wieder. "Ach, nur.. weil wir doch beide hier zur Erforschung fremder Kulturen sind... Auf unseren Scannern nähern sich drei Schiffe und erreichen uns in 30 Minuten. Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir beide bis da hin Ihr schönes Schiff flott hätten, Captain."
    "Um welche Art Schiffe handelt es sich den Nachtfalke?", fragte die Stimme von Captain Cabiness aus den Lautsprechern der Brücke.
    Ni've setzte zum entscheidenden Bluff an. Alles auf eine Karte.
    "Der Warpsignatur nach... groß genug, dass ich bis dahin vorziehen würde weg zu sein. Und ich kann Sie hier doch nicht alleine lassen..."


    Nach einem Moment Stille kam Captain Cabiness' Antwort: "Nachtfalke,wir akzeptieren."
    Ein triumphales Aufatmen war auf der Brücke des Romulanischen Schiffes zu vernehmen.


    "Gut, wir müssen das Programm direkt in Ihren Komputerkern transferieren, sonst wird es auf dem Weg dahin neutralisiert. Ich beame jemanden zu Ihnen."
    "Einverstanden Nachtfalke, beamen Sie auf unsere Brücke."
    Ni've schaltete den Kanal wieder auf stumm.


    "Also, ich brauche einen freiwilligen, der rübergeht und... wie hieß es doch so schön in der irdischen Geschichte.. unseren Trajonischen Löwen installiert. Oder war es doch ein Pferd? Wie auch immer... Serah!", Ni've schaute lachend zu der jungen Romulanerin an der Steuerkonsole, die in einer Mischung aus Überraschung und Unverständnis den Blick fragend erwiderte.
    "Ja, Commander?"
    "Sie sind doch jung, flexibel und engagiert. Wie alt waren Sie doch nochmal? 30 Zyklen, oder? Was halten Sie von einer Feldbeförderung zum Subcommander?"
    "Ich verstehe nicht..."
    "Sie gehen freiwillig rüber, stecken nur den Stecker rein, den Rest macht das Gerät ganz alleine. Sie müssen dann nur einen neuen Kommandoüberbrückungscode eingeben."
    "Commander... ich wurde nicht für solche Einsä...", begann sie zögerlich zu antworten.
    "Verschwenden Sie nicht meine Zeit, schaffen Sie ihren Hintern in den Transporterraum. Wenn Sie versagen reiss ich Ihnen den Arsch auf, Sublieutenant."
    "Aye Sir", sagte die Frau, rannte los und verschwand im Turbolift.


    "Serah? Wirklich, Commander? Sie schicken ein Küken rüber?", fragte die ältere Romulanerin den Commander ungläubig.
    "Die kleine wird für eine Beförderung über Leichen gehen. Sie ist also gut motiviert. Und wenn es schief läuft ist sie entbehrlich. Soll ich etwa unseren Chefingenieur rüber schicken? Oder wollten Sie auf die Garrett beamen, Nummer eins?", entgegnete Ni've leicht genervt.
    "Nein, Sir. Ich bekomme von Menschen Juckreiz."


    Es folgten mehrere Minuten gespenstische Stille. Commander Ni've kratzte sich nachdenklich am Hals und öffnete die Verbindung wieder.
    "Hier die Nachtfalke, wie ist Ihr Status? Was ist mit meinem Besatzungsmitglied?"


    "Commander, ihre Schilde sind aktiv!", meldete plötzlich ein Brückenoffizier.
    "Warum? Das sollte doch nicht passieren!", brüllte der Commander wütend los.
    "Der Sublieutenant wünscht einen Rücktransport."
    "Hat die ein Frau ein Suhlat im Schädel anstatt eines Verstandes? Wie denn, wenn die Schilde aktiv sind?", der Commander wirkte mittlerweile einem Tobsuchtsanfall nahe.
    Eine andere Stimme von der Garrett erklang aus den Lautsprechern: "Ihr Offizier hat versucht sich von Bord zu beamen. Auch, wenn es sich dabei wahrscheinlich nur um einen Fall von Heimweh handelte, weckt dieses Verhalten gewisse wahrscheinlich unbegründete Verdachtsmomente. Wir überprüfen nur, ob alles funktioniert und werden Ihren Offizier anschließend freigeben, wenn sich keine Probleme ergeben. Ich bitte sie um Verständnis, eine reine Vorsichtsmaßnahme und nichts persönliches."
    "Commander, die Garrett hat ihre Sensoren wieder aktiviert. Sie wissen, dass sich keine Schiffe nähern", meldete jemand auf der Brücke.
    Ni've drückte die Taste für den Antwortkanal zur Garrett: "Beamen Sie den Subcommander SOFORT zurück. Ich zieh ihr die Haut ganz persönlich und bei vollem Bewusstsein über die Ohren! Ich will Ihnen helfen und Sie nehmen mein Crewmitglied gefangen. Egal was sie verbrochen hat, sie wird dafür gerade stehen. Beamen Sie sie sofort rüber."
    "Nachtfalke, Ihr Offizier hat versucht, unsere Kommandocodes zu ändern. Sie werden verstehen, dass wir sie deswegen unter Arrest gestellt haben, bis wir wissen, wie es dazu kam. Ich denke, dass sie eigenmächtig gehandelt hat?", fragte der Offizier der Garrett.
    Der Commander des Warbirds begann nun vollends die Fassung zu verlieren. "Sie hat es vergei...", setzte er an und stellte fest, dass der Kanal noch offen war. ER versuchte seinen Fehler zu korrigieren und fügte schnell hinzu: "Das ist ja furchtbar!"


    Ni've beendete die Verbindung und herrschte seine eigene Crew an: "Rückzug! Setzen Sie zurück ehe sie feuern können. Tarnung aktivieren!"


    Er atmete einmal durch als die Lichter der Brücke erneut dunkler wurden.
    "Löschen Sie alle Brückenaufzeichnungen. Ich vermerke hiermit, dass Sublieutenant Serah eigenmächtig in einem Anfall an unangebrachtem Eifer versuchte ein Föderationsschiff zu kapern. Gegen meinen Befehl. Wer auch nur mit einem Wort was anderes behauptet, wird des Verrates und der Mittäterschaft angeklagt. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
    "Jawohl, Commander!", antworteten alle Stimmen der Brücke nahezu gleichzeitig.
    "Gehen sie auf Warp."

    Ein Polarbär ist ein kartesischer Bär nach einer Koordinatentransformation.