• Der trockene Wind trug den Staub der Wüste heran, er legt sich wie ein Schleier über die steinerne Plattform. Die Abdrücke der nackten Füße wurden sofort verweht und waren nur wenige Schritte hinter der Vulkanierin unsichtbar geworden. T'Pan hob die Hand schützend vor das Gesicht und sah in die Wüste hinaus. Außer dem Geräusch des rieselnden Sandes war nichts zu hören, der Abend war ruhig und friedlich.


    Sie ging die wenigen Schritte zu der steinernen Sitzbank und nahm Platz. Ihr Blick schweifte über den Berg Seleya hinauf zu den Sternen. Sie konnte seit längerem wieder ruhig dasitzen und sie betrachten, ohne daß die Emotionen ihr jeden klaren Gedanken verwehrten. Die Ruhe und Stille Vulkans war das einzige, das ihr in den Tiefphasen der Krankheit half, sich zu konzentrieren und nicht von der Flut der Empfindungen überrollt zu werden - etwas, das ihr auf der betriebsamen und gleichsam hektischen Station Deep Space 12 nicht möglich gewesen war. Es war ein Fehler gewesen, das Hauptquartier von Neu-Romulus wegzuverlegen. Die Spaziergänge durch das noch immer wenig erforschte Bergland nahe der neuen Hauptstadt der Republik waren ebenso wohltuend gewesen wie die Aufenthalte auf Vulkan, mit dem Unterschied, daß sie dabei weiterhin arbeiten konnte und nicht regelmäßig den Dienst für einige Wochen niederlegen musste.


    Leise Schritte näherten sich. T'Pan drehte sich um und sah Velar sich nähern. Die Spezialistin für diese Art von Krankheit hatte die Symptome nicht zum ersten Mal gesehen - die fortschreitenden medizinsichen Möglichkeiten führten zu immer mehr Vulkaniern, die ein derartiges Alter erreichten - was natürlich auch die Zahl derer erhöhte, die unter dieser Alterskrankheit zu leiden begannen. Velar trat wortlos an T'Pans Seite und setzte sich, ein Hypospray in der Hand. Ebenso wortlos hob T'Pan den linken Arm und raffte den Ärmel der Robe hinauf. Es war wieder einmal Zeit, das letzte Mal für diesen Aufenthalt, die unangenehme Erfahrung der Behandlung ihrer Krankheit zu machen. Morgen würde sie die Sonak zurück in den Aldebaran Sektor zur DS 12 nehmen, um ihren Dienst wieder aufzunehmen. Bis zur nächsten Tiefphase, die nicht so lange auf sich warten lassen würde, wie die letzte. Die Abstände wurden kürzer. Und die Zeit wurde knapp.


    T'Pan seufzte hörbar. Sie gestand sich diese Äußerung einer Emotion zu, und auch Velar zuckte nicht mit der Wimper. Es war noch so viel zu tun. Trotz eines ganzen Jahrhunderts in der Sternenflotte, in der sie auch den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte, war sie der Meinung, daß ihre Arbeit noch nicht getan und noch nicht alles erledigt wäre. Es gab Dinge, die noch zu tun waren.

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    "Für einen Moment habe ich befürchtet, wir könnten diesen Tag überleben."

    - Worf -

    • Testsubjekt 81 hat die bisher längste Überlebenszeit gezeigt. Die Erfolge sind jedoch nicht von langer Dauer. Nach kurzzeitigem Stillstands des Krankheitsverlaufs macht sich in immer kürzeren Abständen ein weiteres Fortschreiten des aktuellen Stadiums bemerkbar. Ich kann den derzeitigen Zustand der Patientin nur durch immer häufigere Injektionen von Nova-N-12 aufrechterhalten.


    V'Mul hörte auf zu tippen und betrachtete das Geschriebene. Die Patientin war von äußerst guter Konstitution, das hatte mit dazu beigetragen, daß sie so lange überlebt hatte. Aber sie war auch in einem der letzten Stadien der Krankheit. Sie würde trotz des Medikaments nicht mehr lange leben, wenn es den Romulanern nicht gelang, ihre Formel zu stabilisieren. Die Ärztin erlaubte sich, für einen Moment so etwas wie Ärger zu empfinden. Diese Kooperation war ihr von Anfang an nicht geheuer gewesen. Aber die Romulaner hatten ein mögliches Heilmittel, oder jedenfalls einen entsprechenden Ansatz, und die Vulkanier hatten die dazugehörige Krankheit.


    • Es sollte darauf hingearbeitet werden, auch Zugang zu den Forschungsergebnissen bezüglich der Zusammensetzung und Herstellung des Medikaments zu erlangen. Meine Versuche mit den begrenzten Mengen des Präparats haben bisher keine Erfolge erzielt und konnten die Zusammensetzung nicht genauer ergründen. Es steht jedoch fest, daß die nicht identifizierbare Hauptkomponente ein Enzym ist.


    Vor kurzem waren zwei Mediziner der Sternenflotte auf Vulkan gewesen und hatten Fragen gestellt. Sie hatten zunächst vorgegeben, die Patientin besuchen zu wollen - als sie sich vorgestellt hatten, war V'Mul davon ausgegangen, daß sie vom Zustand der Patientin nichts wussten und sie aufgrund ihrer früheren medizinischen Leistungen aufsuchen wollten. Erst kurz danach hatten sie angegeben, daß sie wegen der Tochter der Patientin kamen und aufgrund deren schlechter Prognose den Willen eines Angehörigen erfragen wollten. Offenbar gab es die Überlegung, die Lebenserhaltung abzuschalten.


    V'Mul hatte kurz überlegt, ob sie die beiden Mediziner - offenbar eine Ärztin und eine Medizinstudentin - dazu überreden sollte, die Tochter von Subjekt 81 nach Vulkan zu verlegen, um mögliche genetische Forschungen über die Vererbbarkeit des Bendii-Syndroms gegenzuprüfen, sich dann aber dagegen entschieden.


    Nach dem Besuch der Patientin hatten die beiden sehr viele Fragen gestellt über die Behandlung, und V'Mul hatte sich dazu hinreißen lassen, den beiden Offizieren einige Details zu verraten, was die Behandlung mit dem experimentellen Medikament anging.


    • Bei einem kürzlichen Besuch der Sternenflotte könnten unter Umständen Details meiner Forschung zur Kenntnis Dritter gelangt sein. Ich erwäge, die Patientin als einzige noch lebende Probandin nach P'jem zu verlegen, und die Forschungen dort zu beenden. Die Patientin 81 hat während des Besuchs wieder zeitweise klare Orientierung gezeigt, aber gegen Ende des Gesprächs mit ihren Besuchern diese erneut verloren. Sollte die Umkehrwirkung des Medikaments nicht bei der nächsten Testreihe eintreten, sehe ich für die Patientin lediglich eine Überlebenschance von 12,7% für den Zeitraum der nächsten 8 Wochen.



    Die Vulkanierin las sich den Bericht noch einmal durch und öffnete dann die entsprechende Patientenakte, legte den Bericht ab und sah nachdenklich auf den Titel der Datei mit dem Namen von Patientin 81.


    • Subjekt 81 - T'PAN
      Testreihe Nova-N-12

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    "Für einen Moment habe ich befürchtet, wir könnten diesen Tag überleben."

    - Worf -