Rückkehr eines Helden (Jake Gaston)

  • So fühlte es sich an wenn Monate der Angst von Menschen abfallen. Amanda schloss ihren Jake in die Arme und wollte ihn nie wieder loslassen. Sie weinte Tränen der Freude an seiner Schulter.


    Es schien wie eine Ewigkeit ehe sie ihn wieder los ließ. Diesen schneidigen Offizier ohne Furcht und Tadel. Er und sein Schiff waren verschollen, dann totgeglaubt und schließlich tauchte ihr Schiff dennoch im Föderationsraum auf.


    Sie waren Helden. Monatelang hinter feindlichen Linien. Sie hatten mit den Klingonen Katz und Maus gespielt. Als die Nachrichten von der unglaublichen Reise der verloren geglaubten USS Sievert erfuhren, überschlugen sich die Meldungen. Unglaubliche Heldengeschichten kursierten über ein schwer beschädigtes Raumschiff, das ein ganzes Geschwader Klingonen austricksen konnte, ein Raumschiff das seine vielfache Tonnage zerstört hatte, von Akten des Muts und Akten der Menschlichkeit; das eigentlich unglaublichste daran war, dass alle Geschichten wahr waren.


    Und nun hielt sie ihren Jake in den Armen, den Helden dieser unglaublichen Reise.


    „Jetzt kann unser Leben anfangen. Du quittierst den Dienst, wir heiraten und gründen eine Familie.“ Sie lächelte ihn an, die Augen rot unterlaufen, doch er lächelte auf einmal nicht mehr zurück.


    Sie bestand auf seine Versprechen: „Du hast gesagt, das ist deine letzte Reise, du quittierst den Dienst, du machst deinen Doktor und wirst Professor. Das hast du gesagt.“


    Jake drehte sich weg, er konnte sie nicht mehr ansehen.


    „Jake. Du hast es gesagt.“


    „Ich kann nicht. Amanda, sie wollen mich zum Captain machen, ich kriege ein eigenes Kommando, davon habe ich immer geträumt.“


    „Was?“ Sie stieß ihn leicht von sich weg: „Und was ist mit uns? Wir wollten eine Familie gründen. Ich habe die schlimmsten Monate meines Lebens hinter mir. Ich dachte du wärst tot. Hast du nicht genug von… sowas?“


    Sie sah ihn finster und vorwurfsvoll an. Er hoffte sich um diese Frage drücken zu können, doch sie wiederholte sie: „Hast du nicht genug von der Sternenflotte?“


    „Nein habe ich nicht! Es fühlt sich großartig an auf diesem Stuhl zu sitzen. Dort kann ich etwas bewirken. Ich habe viel zu viele verloren, aber ich habe noch mehr gerettet. Hunderte leben, dank mir. Ich schulde es den
    Toten und den Lebenden, dass ihre Opfer nicht umsonst waren. Die Sternenflotte braucht mich, die Föderation braucht mich.“


    „Die Föderation? Du hast deinen Dienst für Volk und Vaterland geleistet. Was ist mit dir? Was ist mit uns?“


    Er hielt ihre Schultern fest und sah ihr eindringlich in die Augen: „Nur noch diese Mission. Sie schicken uns in einen kaum erforschten Raumsektor. Dort gibt es so viele unberührte Prä-Warpzivilisationen, ich kann meine Theorien überprüfen. Einige von denen hatten noch überhaupt keinen Kontakt mit Außerirdischen. Einigen ist das Konzept außerirdischen Lebens fremd und es gibt einige die stehen knapp am Erreichen der Warpschwelle
    oder sind gerade darüber hinaus gelangt.“


    Amanda konnte sehen wie seine Augen leuchteten, auf eine Art wie sie nie leuchteten wenn er über sie beide sprach. „Wenn ich diese Mission abgeschlossen habe, dann setzen wir uns zur Ruhe.“


    „Hörst du dir selber zu? Das sagst du seit Jahren. Diesmal wärst du beinahe gestorben. Ich dachte du wärst bereits tot. Ich habe geweint, ich habe um dich getrauert.“


    Jake schien sie kaum zu hören: „Nur noch diese Mission. Dieses Mal wirklich. Und es ist nicht mal gefährlich, keine lokale oder galaktische Macht hat Anspruch auf diesen Sektor erhoben. Eine Forschungsmission im Tiefenraum. Die Sternenflotte vergibt kaum noch welche und für diese bauen sie ein Raumschiff. Nur diese zwei Jahre und dann…“


    Sie stieß ihn von sich und sah ihn mit weit aufgerissenen Auge an: „Zwei Jahre? Zwei ganze Jahre? Du sprichst doch von Erdenjahren?“


    „Zwei Jahre, ja. Es ist eine Tiefenraummission. Davon träumen viele Captains es ist eine einmalige…“


    Diesmal schien sie aufgehört haben ihm zuzuhören. Sie starrte ihn nur finster an. Nach einer unangenehmen Pause fragte sie leise: „Was wolltest du mir sagen?“


    „Dass diese Mission…“


    „Nein. Damals, als die Sievert hinter feindlichen Linien verschwand. Was wolltest du sagen?“


    Jake war nur ratlos.


    „Ich habe es so oft angehört und gedacht es wäre etwas passiert. Ich habe mir Sorgen gemacht, gedacht, dass es deine letzten Worte in diesem Leben waren. Aber es waren nicht deine letzten. Nicht annähernd. Was
    wolltest du mir sagen?“


    Wenn es eine richtige Reaktion auf ihre Worte gab, fiel sie Jake nicht ein.


    „Die Barke. Sie haben eure Logbuchbarke gefunden. Du sagst im letzten Eintrag: >>Sollten sie dies lesen weil sie die Barke entdeckt haben, und wir es nicht geschafft haben sagen sie Amanda… sagen sie ihr…<<
    Und dann brichst du ab. Ich dachte in dem Moment wäre das Schiff zerstört worden oder jemand hätte dich gerufen, auch wenn die Techniker mir sagten, dass es nicht so sein konnte. Die Wahrheit ist, dass du es nicht sagen konntest, stimmt das?“


    Es stimmte. Aber Jake gab es nicht zu.


    „Du konntest es nicht mal in Erwartung des Todes sagen.“


    Er konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen, so sehr sie auch seinen Blick suchte.


    „Oh Jake. Oh Jake.“ Sie begann wieder zu weinen, sie küsste ihn und schluchzte in seine Uniform, dann boxte sie hilflos auf ihn ein und küsste ihn dann wieder.


    „Lebe wohl.“ Flüsterte sie schließlich und wandte sich ab.


    Er versuchte Trauer zu empfinden, versuchte Kraft zu finden ihr nachzulaufen, sie zu trösten, ihr zu sagen dass alles in Ordnung ist, dass er den Dienst quittieren würde und mit ihr eine Familie gründet.


    Doch in Wahrheit beherrschten andere Gedanken sein Gemüt. Und die Trauer tief in ihm wurde davon überlagert, überstrahlt. Er dachte nur an eins, und erwischte sich wie er dabei lächelte.


    Er dachte an die U.S.S. Infinity A, sein neues Kommando und eine Mission in den Tiefenraum.

    Dann, von Kriegen erlöst, wird sanfter die störrige Menschheit; (...)
    mit Stahl und klemmenden Riegeln geschlossen
    Bleiben die grausigen Tore des Kriegs; des ruchlosen Wahnsinns
    Dämon, rücklings gefesselt mit hundert ehernen Banden,
    hockt über grausen Waffen und knirscht mit blutigem Munde.
    - Vergil, Aeneis 1. Buch