Es ist recht dunkel im Quartier des Admirals. Kein Ton ist zu hören, lediglich das leise umblättern von Papier aus der Sofaecke ist zu vernehmen. Auch scheint die einzige Beleuchtungsquelle dort gerade soviel Licht zu spenden, dass die Frau in den Vierzigern das abgegriffene Buch lesen kann. Sie ist schon recht weit fortgeschritten mit dem Band, der sie seit ihrer Kindheit verzaubert und immer wieder mal für sie einen Ruhepool bieten konnte. Ob es die Geburten der drei Kinder waren, oder andere Ereignisse die emotional aufwühlend für sie erschienen. Ruhe... daraus muss sie die Kraft ziehen, sich immer schwieriger werdenden Aufgaben zu stellen und die Herausforderungen anzunehmen. Aber was sie immer wieder besonders beruhigt... die allabendlichen Gespräche mit ihrem geliebten Mann, den sie im Laufe der Karriere soviele Jahre nicht an ihrer Seite hatte, aber der immer wieder Kraft gab, wo es nur ging.
Das Buch ist an verschiedenen Stellen durch bunte Fäden oder schmale Ketten gekennzeichnet. Gerade lässt sie eine dieser feinen Ketten durch die Finger gleiten, als sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln hochziehen und sie zu sich selber meint... "Es ist wie es im Buche steht. Nirgendwo ists schöner als zu Hause." leise liest sie für sich diese Stelle immer und immer wieder. Das letzte Gespräch mit ihrem Mann ist vielleicht gerade eine Stunde her, und davor war es mehr als aufreibend gewesen, aber ihr Geliebter und bester Freund hat ihr zugehört, ihren Kummer genommen. Ihr Fels in der Brandung oder wie auch immer die beste Stütze der Galaxis genannt werden würde, für sie ist er liebevoll immer nur Fozzy gewesen. Der etwas verschrobene James Alexander Forside, der ihr in der Jugend schon den Rücken gestärkt hat, wenn sie sich gegen die anderen Kinder durch Höflichkeit und Bestimmtheit durchgesetzt hat. Sie hat argumentiert, bis sie schlussendlich nachgaben, naja oder eher das Weite suchten. Ein Grinsen breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Und wenns nicht gut lief.. in der Akademie, auf der USS Washington oder wie jetzt auf DS12.. da ist Fozzy da und hat aus dem Zauberer von OZ zitiert. Am heutigen Abend erst sagte er: "Ein Dummkopf wüsste nichts mit einem Herz anzufangen wenn er eins hätte." Und doch würde sie an manchem Abend einfach die Hacken der roten Schuhe zusammen schlagen und zu sich sagen "Nirgendwo ists schöner als zu Hause."
Kein Lebewesen ist frei von Angst, wenn es sich Gefahr ausgesetzt sieht. Wahrer Mut besteht darin, sich der Gefahr zu stellen, obwohl man Angst hat.... Oz zum Löwen...
Sie hat Angst, wahnsinnig große Angst... die Erwartungen die ihr entgegen schlagen, rauben ihr den Atem und lassen sie oft nicht schlafen. Selten hat man sie mit soviel Argwohn aufgenommen und ihr das Gefühl gegeben nicht vollständig zu sein. Wann ist man ein vollständiger Admiral? Diese Frage hat sie sich in den letzten Monaten immer wieder gestellt, aber bis zum heutigen Abend war sie zu keinem Ergebnis gekommen. In Paris hatten viele Vorgesetzte und Kollegen eine Karriere wie die ihre bestritten. Jemand musste doch die Rädchen im Hintergrund drehen und die Flotten koordinieren? Was war auf einmal so falsch an diesem Wahnsinns Verwaltungsapparat, der den Helden auf den Schiffen erst die Möglichkeiten zu Heldentaten gab? Immer wieder dreht sich dieser Gedanke in ihren Synapsen und sie versteht es nicht.
Vielleicht sind die Captains einfach zu sehr Konfliktgebeutelt? Sie haben schlimme Dinge gesehen.. Erst der letzte Konflikt war in Paris mit Schrecken betrachtet worden und man arbeitete Fieberhaft mit dem stetigen Strom an Daten über den Gegner. Sie wird nie vergessen wie sie mit den Kollegen im Labor saß und einen dieser Parasiten untersuchte. Darf man ein eigenständiges Volk so nennen? War es ein Volk? Es war zumindest die Bedrohung schlecht hin. Und die Nächte wurden immer kürzer, Ruhe gab es keine mehr. Als die Angreifer vor Betazed standen, wurden auch ihr, der starken Frau, die Knie weich. Ihr Ältester war mit seinem Schiff dort hin beordert worden und ihr Mutterherz stand kurz vorm zerbersten, aber nichts destotrotz hatte sie die Verantwortung für nicht nur ihre Familie sondern für die Föderation mitzutragen. Als Forscher den Idealen verschrieben und als Vorgesetzte war Schwäche zeigen nur im engsten vertrauten Rahmen gegeben, ansonsten war sie der Fels in der Brandung für ihre Mitarbeiter, die zu ihr aufsahen und sie respektierten.
Was hatte sie geritten diesen weiteren Schritt zu gehen? Admiral werden auf DS12? Im Traum hatte sie nicht daran gedacht, das wirklich zu tun, aber als wäre es schon geschehen, bevor sie überhaupt eine Wahl gehabt hätte, sah sie sich am Tisch von Captain Thain auf der Farpoint bei einem leckeren Essen und einem doch recht amüsierten Gespräch. Es trieb sie eine innere Unruhe voran, die erst nachließ wenn sie sich in der Karriere für einen Zeitraum verbessert hatte. Ohne Fozzy wäre sie wahrscheinlich in einem Labor nicht über den Commander rausgekommen.
Wie die kleine Dorothy hat sie auf ihrem Weg ins Unbekannte Angst, aber ihre Wegbegleiter sind die, die sie stützen und über sich selber herauswachsen, wie auch sie das mit ihrer Hilfe konnte.
"Ein Baby hat zwar schon Verstand, aber es weiß noch nichts. Nur durch Erfahrung gewinnt man Wissen, und je länger du auf der Welt bist, desto mehr Erfahrung wirst du sammeln.".... Oz an die Vogelscheuche...
Sie erwartete noch eine Nachricht aus Paris. Eine Kollegin die ihr Material zur Durchsicht schicken wollte. Doch die Nachricht scheint wohl auf sich warten zu lassen. So vertieft sie sich wieder seufzend in das Buch. Kurz schlägt sie die Hacken aneinander und murmelt zu sich selber "Nirgendwo ists schöner als zu Hause." bevor sie dann aber schmunzelnd das Buch zuklappt, das digitale Bild von Fozzy kurz betrachtet, ein leises "Ich liebe Dich" flüstert und ins Bett geht. Morgen soll es wohl wieder anstrengend werden.