But not for me

  • Den Stich hatte er nicht erwartet. Es fühlte sich für einen Moment an, als wäre ihm ein Dolch ins Herz gefahren. Sie wiederzusehen nach all den Jahren war ihm nicht so gleichgültig wie er gedacht hatte. Sie umarmte ihn, er umarmte ungelenk zurück und sie setzten sich.
    Amanda war älter geworden, natürlich, doch immer noch so schön wie früher. Etwas peinlich berührt saßen sie sich erst schweigend gegenüber bis die Bedienung kam. Tee und Kaffee- sie machte den ersten Schritt:
    “Kaffee? Kein Raktajino?”
    “Ich habe in den letzten Jahren den Gefallen daran verloren.” Jake fragte sich manchmal, ob es etwas mit seinen klingonischen Erfahrungen zu tun haben konnte, verwarf den Gedanken jedoch, es passte nicht in sein Selbstbildnis ein ganzes Volk- schon gar kein Getränk- verantwortlich zu machen für die Taten Einzelner.
    “Ich habe deine Reisen verfolgt. Zwei Tiefenraummissionen, das hast du dir immer gewünscht.”
    Und sie dafür aufgegeben, beide dachten es, keiner sagte es.
    “Die zweite Reise war dramatischer als die erste. Ich hatte nicht soviel… Persönliches erwartet.”
    Sie hatte Lucas nie kennengelernt. Jake hatte oft von ihm erzählt. Nur selten von dem fanatisierten Lucas, der die Föderation verachtete, das Ende des Universums erwartete und alles aufgab um sein himmlisches Jerusalem zu finden. Doch oft von dem großen Bruder Lucas, der Jake das Schwimmen beigebracht hatte, Raumschiffmodelle mit ihm baute, ihm Geschichten vorlas und ihn in sein Bett krabbeln ließ, wenn es draußen stürmte.
    “Ich habe gelesen was auf Niorija passiert ist. Das muss schrecklich für dich gewesen sein.”
    Sie streckte ihre Hand aus, berührte sanft seine und bemerkte den Handschuh.
    “Hast du das immer noch? Ist es schlimmer geworden?”
    Obwohl ihre Berührung sich wundervoll anfühlte, zog er seine Hand zurück.
    “Du musst dich deswegen endlich behandeln lassen.”
    Jake schüttelte betreten den Kopf und wich peinlich berührt ihrem Blick aus.
    “Wer weiß wo das noch hinführt. Wenn du nicht an dich denkst, dann denke an deine Karriere wenn das rauskommt.”
    Jake winkte ab.
    “Doktor Errington hat mir ein Attest ausgestellt, niemand erfährt die Wahrheit und es behindert mich nicht in meinem Dienst.”
    “Errington.”, schnaubte sie, “natürlich, ja, er ist dein Schiffsarzt geworden, da hast du ja genau den richtigen gefunden.”
    “Wir haben uns doch nicht getroffen, um uns zu streiten.” Warf Jake ein, und Amanda wurde klar, dass es nicht mehr ihre Sache war, Jake nicht mehr ihre Sache war. Sie erinnerte sich an den Schmerz als er ging, oder sie ihn verließ, oder sie sich gegenseitig verließen- sie wusste selbst nicht mehr genau wie es war. Und dann an die Erleichterung, an das schöne neue Leben das sie begonnen hatte als der Schmerz verebbte.
    “Ich hörte du hast geheiratet, tut mir leid, dass ich nicht zur Hochzeit kommen konnte.” lenkte er das Gespräch in eine andere Richtung.
    “Du warst gar nicht eingeladen.” Ihr Lachen klang wehmütig.
    “Dein Mann wollte das wohl nicht.”
    “Er wäre geehrt gewesen einen Captain der Sternenflotte auf seiner Hochzeit zu haben. Ich wollte es nicht.”
    Einen Moment lang sahen sie sich tief in die Augen. Etwas geschah, das alte Feuer loderte wieder auf, für einen Moment schlugen ihre Herzen höher. War es ein Fehler von ihr gewesen ihn zu verlassen? War es ein Fehler von ihm gewesen das Kommando über die Infinity anzunehmen?
    Das Geräusch klappernden Geschirrs riss sie aus ihren Gedanken, Tee und Kaffee wurden abgestellt. “Danke, sehr freundlich.”
    “Du hast zwei Kinder?” Ein anderes Thema musste her.
    Sie lächelte innig und senkte ihren Kopf: “Ein drittes ist auf dem Weg.” Sie strich sich über ihren Bauch, viel zu sehen war noch nicht. Nur sechs Jahre waren sie getrennt, und davor 12 Jahre Beziehung- die meiste Zeit davon war er unterwegs gewesen. Und in diesen kurzen sechs Jahren nach ihm hatte sie geheiratet und bald drei Kinder. Wie viele Jahre ihres Lebens hatte er ihr gestohlen? Aus. Keine Flamme. Was immer noch zwischen ihnen war oder wieder sein konnte, er hatte kein Recht darauf, kein Recht auf diese wundervolle Frau die all die Jahre ausgehalten hatte, dass er sich im Kosmos herumtrieb. Es war ungerecht gewesen ihr immer und immer wieder zu sagen: “Nur noch ein Einsatz.” Es war ein Fehler gewesen sich heute mit ihr zu treffen.
    “Ich habe noch ein paar Termine auf der Erde, ich muss noch zu einer Nachbesprechung nach San Fransisco.” log er.
    “Du bist gerade erst angekommen, bitte bleib.” wollte sie sagen, doch auch sie spürte, dass es nicht gut war in seiner Nähe zu bleiben und so sah sie zu wie er den immer noch viel zu heißen Kaffee herunter kippte und seine Jacke nahm.
    Sie umarmten sich nicht zum Abschied.
    “Alles Gute.” Sagte er. Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht als sie ihn kurz am Arm berührte.
    “Wir sehen uns.” Sagte sie lächelnd, die Tränen unterdrückend. “Lebewohl.” Flüsterte sie zu sich selbst, als er ging.

    Dann, von Kriegen erlöst, wird sanfter die störrige Menschheit; (...)
    mit Stahl und klemmenden Riegeln geschlossen
    Bleiben die grausigen Tore des Kriegs; des ruchlosen Wahnsinns
    Dämon, rücklings gefesselt mit hundert ehernen Banden,
    hockt über grausen Waffen und knirscht mit blutigem Munde.
    - Vergil, Aeneis 1. Buch