Prestige - Ohne Treibstoff geht nichts.

  • „Mann auf Brücke!“, rief eine Stimme aus dem Eingang zur spärlich beleuchteten Kommandozentrale.


    Der Raum entsprach tatsächlich mehr einer alten Schiffsbrücke, ganz und gar nicht dem, was sich Sternenflottenpersonal, oder gar jeder andere heute unter einer Schiffsbrücke vorstellen würde.
    Die Front, bei der man normalerweise einen großen Bildschirm erwarten würde, bestand aus einer transparenten Aluminiumlegierung und bot einen direkten Blick auf die Sterne. Um genau zu sein, auf den Bug eines riesigen Schiffes - und dahinter erst die Sterne.


    „Ja ja, Frau auch. brüll doch nicht so.“ der rechte Steuersessel, der auf einer Art beweglichen Arm montiert war drehte sich um und eine blonde Denobulanerin schaute lächelnd zum Eingang.


    „Wir sind nicht die Sternenflotte. Und ich habe nicht vor das zu ändern. Die lassen dort die Kapitäne nicht ans Steuer.“


    „Hättest du den letzten Steuermann nicht gefeuert, müsstest du das auch nicht.“, der Mann, offensichtlich ein Mensch, setzte sich an eine der leeren Konsolen. Seine Kleidung bestand aus einem T-Shirt, welches wahrscheinlich irgendwann einmal weiß war und einer blauen Hose.


    „Das klingt ja so, als ob hätte ich ihn aus der Luftschleuse befördert. Wir brauchen keinen Steuermann, ich kann mindestens genauso gut fliegen wie er.“


    „Aye Chef, wir brauchen keinen Steuermann, keine Wartungsteams, keinen Koch...“, deutliche Ironie war in der Stimme des Mannes zu hören.


    „Ich besorge uns einen Koch, oder einen Replikator.“


    „Einen funktionierenden bitte. Der letzte war eine Katastrophe“, antwortete er


    „Der letzte Koch oder der letzte Replikator?“, fragte Synnea.


    „Beide auf ihre Art. Der eine hat alles verkokelt und der andere servierte unserem vulkanischen Passagier einen Mettigel.“


    Beide lachten laut auf.


    „Und Alex meinte... dann auch, er müsse das jetzt essen, sonst… sonst würde sich der Koch aus Frust in der Kombüse erhängen“, beide mussten mittlerweile so lachen, dass sie kaum noch Luft bekamen.


    Es folgte eine kurze Pause, die beide nutzten um etwas Luft zu holen und ihre Anzeigen zu kontrollieren.


    „Oder weißt du noch, als Simmons sich für 14 Stunden im Schiff verlaufen hat?“


    „Ihr zieht ihn immer noch damit auf, oder?“


    „Yepp, drei mal pro Tag, mindestens.“


    Der Kommandosessel fuhr surrend wieder zur Scheibe, Synnea blickte hinaus, als ob sie versuchen würde an dem riesigen Schiffsrumpf vorbei zu gucken.
    „Sind Simmons und Vitak schon raus?“, fragte sie.


    „Ja, 1 und 3 haben den Hangar verlassen.“


    Synnea betätigte einige Schaltflächen auf der Konsole, was der Computer mit einem „Commlink aktiv.“ bestätigte.


    „Vitak, Simmons. Seid ihr raus? Kann ich die Prestige drehen?“


    Eine ziemlich schrill klingende Stimme antwortete über das Comm: „Aye, Cheffin, wir sind unterwegs.“


    Synnea richtete sich im Sessel etwas auf und legte beide Hände auf zwei Steuerknüppel jeweils links und rechts des Sessels. Im Gegenteil zu Sternenflottenschiffen wurde die Prestige, trotz ihrer enormen Masse mit zwei Steuerknüppeln und Fußpedalen gesteuert.
    Mit sanftem Druck bewegte sie den rechten Stick etwas zur Seite.


    „Prestige rollt steuerbord.“, gab sie knapp durch.


    Der Sternenhimmel vor dem Schiff begann sich langsam zu drehen und rechts im Fenster glitt ein blau schimmernder Gasriese ins Sichtfeld. Zwei kleinere Schiffe waren ebenfalls zu sehen, die auf dem Weg waren eben diesem Planeten einen kleinen Teil seiner Ressourcen zu entreißen.


    „Bringt mir was schönes mit, Jungs. Und äääh…. Simmons? Hast du dir ein paar Notrationen eingesteckt, nur falls du dich mal verläufst?“, sagte Synnea lächelnd.


    Über den Lautsprecher der Brücke kam schnell die Antwort des Piloten: „Boss... Leck mich.“
    Gespielt, nahezu theatralisch streckte Synnea ihre lange Zunge aus, und klatschte damit gegen die Scheibe der Brücke.
    „Du bist ausser Reichweite. Komm mit einem vollen Container wieder und wir können darüber reden.“, sagte sie mit leicht frechem Unterton, als sie mit dem Ärmel ihrer Jacke über die Scheibe wischte.

    Ein Polarbär ist ein kartesischer Bär nach einer Koordinatentransformation.

  • Synnea trat von der Transporterplattform runter und atmete einmal durch. Sie war an die spärliche Beleuchtung und recht spezifischen Geruch ihres Schiffes gewöhnt, nicht an die helle und saubere Umgebung der Föderationsstation.


    Sie griff an die Sprossen der Leiter und begann den kurzen Aufstieg zur Kommandozentrale des Schiffes. In dieser angekommen ließ sie sich in den Pilotensessel fallen, zog eine der Konsolen zu sich und kontrollierte schnell die Anzeige.
    "Schiffskontrolle an Maschinenraum übertragen", stand in roter, denobulanischer Schrift auf dem Display der Konsole.


    "Computer, Logbucheintrag", sagte sie in den dunklen Raum hinein. Der Schiffscomputer bestätigte mit einem knappen Piepton die Aufnahme.


    "Logbuch des Kapitäns, Sternzeit... ist mir eigentlich auch egal.
    Wir haben unsere Dilithiumkristalle endgültig verschlissen. Ich habe uns zu DS12 gebracht, wo wir entweder die Kristalle regenerieren lassen können, oder neue bekommen.
    Wegen dem Strahlungsleck was wir haben, müssen wir aber den Kern komplett runterfahren - das heisst alle Systeme der Prestige müssen offline gehen. Die Auto-Raffinerie später wieder neu anzufahren ist nur eine Sauerei, die Deuteriumtank-Kühlung abzuschalten ist dagegen ein Problem. Wenn wir die Kühlung ausschalten, expandiert das Zeug und der Tank fliegt mir um die Ohren.


    Ich werde die Arbeit von Wochen sicher nicht einfach so über die Überdruckventile in den Weltraum blasen, also sitzen wir an DS12 fest, bis ich genug Abnehmer finde.
    Wären wir laut Plan hier, wäre das kein Problem. Weil wir aber ohne festen Endkunden abgebaut haben, habe ich jetzt ein Problem.
    Naja, wenigstens ist es nur Deuterium und nicht Antideuterium, wir sitzen also zumindest nicht auf einer Zeitbombe.


    Computer, Aufnahme beenden.


    Und Musik. Laute Musik.


    Der Computer piepte erneut und füllte die Brücke mit rhytmischen Tönen.

    Ein Polarbär ist ein kartesischer Bär nach einer Koordinatentransformation.